Kursübersicht "Wirtschaftskriminalität aufdecken und vorbeugen"

Lehrende(r) der Kurseinheit:

Prof. Dr. Mathias Graumann


Die Veranstaltung wird planmäßig in jedem Wintersemester angeboten.

Lernergebnisse/Kompetenzen

Im Jahr 2016 wurden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) insgesamt 57.546 Fälle der Wirtschaftskriminalität registriert. Die daraus resultierende Gesamtschadenssumme belief sich auf 2,97 Mrd. Euro. Die Höhe der registrierten Schäden unterstreicht die erheblichen Auswirkungen der Wirtschaftskriminalität.

Das LG München I hat mit Urteil vom 10. Dezember 2013 entschieden (5 HK O 1387/10, sog. „Siemens-Entscheidung“), dass im Rahmen seiner Legalitätspflicht ein Vorstandsmitglied dafür Sorge zu tragen hat, das Unternehmen so zu organisieren und beaufsichtigen, dass keine Gesetzesverstöße erfolgen. Seiner Organisationspflicht genügt ein Vorstandsmitglied bei entsprechender Gefährdungslage nur dann, wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation einrichtet. Das heißt, es trägt die Verantwortung für organisatorische Vorkehrungen, die Rechtsverstöße auch durch nachgeordnete Mitarbeiter mit hinreichender Sicherheit verhindern (sog. „Compliance-Verantwortung“).

Die Studierenden machen sich diesen Hintergrund wirtschaftlichen Handelns bewusst und vergegenwärtigen sich aktuelle Primärdaten und Experteneinschätzungen. Sie werden mittels eigenständiger Analyse und Präsentation prominenter Fälle von Wirtschaftskriminalität mit deren typischen Abläufen und Mustern vertraut gemacht. Neben der Verbreiterung ihres Erkenntnisstands werden sie durch die hier gewählte Veranstaltungs- und Prüfungsform auch im Umgang und in der Sichtung von Quellen und in Präsentationstechnik trainiert.

Den Studierenden sind die aus Unternehmenssicht für Wirtschaftskriminalität besonders anfälligen Bereiche vertraut. Sie wissen um typische Indizien und Faktoren, die das Auftreten krimineller Handlungen begünstigen. Hierzu zählen insbesondere krisenhafte Entwicklungen und die praktizierte Unternehmenskultur. Sie beherrschen wesentliche Elemente eines funktionsfähigen Compliance Management-Systems und sind über Ausgestaltung und Implementierung verbreiteter Maßnahmen wie Verhaltenskodices, Anti-Fraud-Trainings oder Whistleblowing-Systeme i.S. einer Good Practice orientiert. Sie gewinnen ein Verständnis über die Einbettung eines Compliance Management-Systems in ein unternehmensweites internes Überwachungssystem. Sie wissen um die Ausgestaltung bedeutender Überwachungselemente wie organisatorische Maßnahmen sowie Formen der IT-Unterlegung von Massentransaktionen.

In integrierender Würdigung werden die Studierenden schließlich mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Geschäftsführung i.S. einer praxisnahen Auslegung einschlägiger gesetzlicher und außergesetzlicher Normen vertraut gemacht.

Inhalte

Wirtschaftskriminalität – Die empirische Evidenz. Volumen, Formen und deren Entwicklung. Prominente Fälle von Wirtschaftskriminalität. Versuch einer Identifikation typischer Abläufe.

Erkenntnisgewinne aus der Kriminologie. Ursachen und Indizien für fraudulentes Handeln. Typische Profile und Motive von Wirtschaftsstraftätern. Einschätzung der Risikobehaftung von Unternehmen für fraudulentes Handeln. Konzepte des „Fraud Triangle“ und „Fraud Diamond“ und hieraus zu ziehende praktische Konsequenzen.

Compliance Management-Systeme i.S.d. IDW PS 980 und wirksame Ausprägung von deren Elementen: Compliance-Kultur, Compliance-Ziele, Compliance-Risiken, Compliance-Programm, Compliance-Organisation, Compliance-Kommunikation.

Funktionsweise typischer compliance-relevanter Maßnahmen wie z.B. Funktionstrennungen, Berechtigungskonzepte, Genehmigungsverfahren, Gegenkontrollen und Rotationen. Der compliance-relevante Einsatz der IT bei der Abwicklung von Massentransaktionen, insbesondere Einkauf und Absatz.

Einbettung der Thematik in übergeordnete Ebenen: Compliance als Grundsatz ordnungsmäßiger Geschäftsführung. Überblick über bedeutende unentziehbare Vorstandspflichten gemäß „Leitgesetz AktG“. Überblick über den Deutschen Corporate Governance Kodex.

Lehrformen

Seminaristischer Unterricht mit zahlreichen Fallstudien. Präsentationen der Teilnehmer, Plenumsdiskussion. Gruppenarbeiten. Selbstständiges Dokumenten- und Literaturstudium.

Teilnahmevoraussetzungen

Formale: Eingeschriebene(r) Studierende(r) am Fachbereich WiSo des RheinAhrCampus für den Bachelor-Studiengang.

Inhaltliche: Module „Externe Rechnungslegung (B 15) im 1. Semester, „Recht II Teil A / Gesellschaftsrecht“ (B 24.1) im 2. Semester. Vorherige Belegung der Veranstaltung „Wirtschaftliches Prüfungswesen“ in Modul B 51 wird empfohlen.

Prüfungsformen

Gruppenpräsentation eines prominenten Fraud-Falles in der Veranstaltung nach freier Wahl zu (1) Rahmenbedingungen (Umfeld, Geschäftsmodell, wirtschaftliche Entwicklung), (2) Auslöser, Motiven und Durchführung, (3) Aufdeckung, Schaden und Konsequenzen, (4) Würdigung und Schlussfolgerungen zu Möglichkeiten der künftigen Prävention (30-45 Min., 1/3 der für diese Kurseinheit zu vergebenden Punkte).

Gruppenhausarbeit entsprechend der in der ersten Veranstaltung vereinbarten Themen (25-30 Seiten, 2/3 der für diese Kurseinheit zu vergebenden Punkte). Abgabe der Hausarbeiten bis Fr., 26.1.2018, 12.00 Uhr sowohl in gebundener Form im Dekanatssekretariat (Raum A207) als auch in digitaler Form nur als pdf-Datei per E-Mail an die Adresse graumann@rheinahrcampus.de.

Es werden Dreiergruppen gebildet. Die Gruppenbildung kann durch die Studierenden selbst erfolgen. Andernfalls erfolgt die Gruppenbildung durch den Dozenten nach dem Zufallsprinzip.

Eine Anleitung zur Erstellung von Hausarbeiten finden Sie unter https://www.uni-due.de/imperia/md/content/politik/aktuelles/gestaltung_arbeiten.pdf.

ArtDatum der LeistungserbringungPrüfungsanmeldung
(bitte Zeitangabe ...Min) Ende 1. HS*Ende 2. HS*individuelles Datum
Klausur: ...Min.wird vom PA festgelegt*  bei Klausur nicht möglich
Test: ...Min.tt.mm.jj  tt.mm.jj
Präsentationtt.mm.jj xtt.mm.jj
Hausarbeittt.mm.jj xtt.mm.jj
Anderett.mm.jj  tt.mm.jj

* Prüfungsamt Termine

Bewertung

Voraussetzung für die Vergabe von ECTS-Punkten ist das Bestehen der Prüfungsleistung für das Gesamtmodul. Die Prüfungsleistung für diese Kurseinheit geht zu einem Fünftel in die Prüfungsleistung für das Gesamtmodul ein.

Literaturhinweise

Frei verfügbare Quellen, deren Durcharbeitung und Präsentation in der ersten Veranstaltung auf die Gruppen aufgeteilt wird:

Folgende Werke enthalten eine Reihe von prominenten Fraud-Fällen in der Vergangenheit:

  • Hofmann, S.: Handbuch Anti-Fraud-Management, Bilanzbetrug erkennen – vorbeugen - bekämpfen, Berlin 2008
  • Peemöller, V.H.; Krehl, H.; Hofmann, S.: Bilanzskandale - Delikte und Gegenmaßnahmen, 2. Aufl., Berlin 2017.

Weiterführende Literatur:

  • Amend, A.: Prävention von Wirtschaftskriminalität in Unternehmen, Hamburg 2009
  • Behringer, S. (Hrsg.): Compliance für KMU - Praxisleitfaden für den Mittelstand, 2. Aufl. Berlin 2016
  • Graeff, P.; Schröder, K.; Wolf, S. (Hrsg.): Der Korruptionsfall Siemens: Analysen und praxisnahe Folgerungen des wissenschaftlichen Arbeitskreises von Transparency International Deutschland, Baden-Baden 2009
  • Hlavica, C.; Klapproth, U.; Hülsberg, F.: (Hrsg.): Tax Fraud & Forensic Accounting: Umgang mit Wirtschaftskriminalität, Wiesbaden 2011
  • Nimwegen, S.: Vermeidung und Aufdeckung von Fraud, Lohmar 2009
  • KPMG (Hrsg.): Das wirksame Compliance-Management-System, , 2. Aufl., Herne 2016
  • Moosmayer, K.: Compliance: Praxisleitfaden für Unternehmen, 3. Aufl., München 2015
  • Odenthal, R.: Korruption und Mitarbeiterkriminalität: Wirtschaftskriminalität vorbeugen, erkennen und aufdecken, 2. Aufl., Wiesbaden 2009
  • Röhrich, R.: Methoden der Korruptionsbekämpfung: Risiken erkennen, Schäden vermeiden, Berlin 2008
  • Wieland, J.; Steinmeyer, R.; Grüninger, S. (Hrsg.): Handbuch Compliance-Management - Konzeptionelle Grundlagen, praktische Erfolgsfaktoren, globale Herausforderungen, 2. Aufl., Berlin 2014.

letzte Änderung der Seite: September 16, 2017

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